Heute möchte ich mit dem Vinyasa Yoga als Stil widmen. Die Flut an „Flow Yoga“ auf Youtube und ähnlichem haben zu einer starken Verwässerung geführt. Alles ist heute „Flow Yoga“. Aber: Nicht alles, was ein bisschen „flowt“, ist auch Vinyasa Yoga. Vinyasa Yoga zeichnet sich durch ganz gewisse Kriterien aus. Und die sind genauer, als ein Laie (oder ein Nicht-Vinyasa-Yogi) vermuten würde.
Woher kommt Vinyasa Yoga?
Geschichtlich ist es so: Vinyasa Yoga ist aus dem Ashtanga Yoga von Patthabis Jois entstanden. Im Ashtanga Yoga sind die Bewegungsabläufe ganz klar definiert und von denen wird auch nicht abgewichen. Das ist beim Vinyasa Yoga nicht so – dort sind die Abläufe freier. Aber „freier“ bedeutet nicht, dass sie nicht eine gewisse Grundstruktur haben.
Über die unterschiedlichen Stile habe ich beim Tigress Yoga Blogpost geschrieben:
Die Grundstruktur des Vinyasa Yoga
Vinyasa Yoga ist – obwohl er freier ist als Ashtanga Yoga – doch auch strukturiert. Und gewisse Eckpfeiler machen ihn aus:
Atem und Bewegung sind synchron
Ähnlich wie im Ashtanga Yoga wird im Vinyasa Yoga die Bewegung mit dem Atem synchronisiert. Was ihn somit dynamisch und „schnell“ macht. JEDE Bewegung wird mit einem Atemzug verbunden.
Im Gegensatz dazu z.B. Hatha Yoga oder Yin Yoga, wo du die Position über eine längere Zeit hältst und den Atem einfach fliessen lässt.
Ujjayi Atmung
Im Vinyasa Yoga wird oft die sogenannte Ujjayi Atmung eingesetzt - und zwar in der Bewegung. Ich persönlich tue es und lehre es den fortgeschritteneren Teilnehmer/innen.
das vinyasa - der festgelegte ablauf
Das Vinyasa ist ein festgelegter Ablauf von Chaturanga, tiefes Brett, Up Dog zu Down Dog. Darüber lässt sich nicht diskutieren. Lässt du das tiefe Brett weg, ist es kein Vinyasa vom Vinyasa Yoga.
Das Trainieren der tiefen Chaturanga ist ein ELEMENTARER Bestandteil des Vinyasa Yoga. Ist das nicht vorhanden, ist es kein Vinyasa Yoga.
Das Vinyasa ist ein klar definierter, fixer Bewegungsablauf.
- Hohes Brett
- Zu tiefem Brett
- Zu Kobra/Up Dog
- Zurück zu Down Dog
Die Yoga-Teilnehmer/innen dürfen dabei die Knie ablegen, wenn sie ins tiefe Brett gehen. Bei meinen Teacher Trainees (und angehenden Yogalehrer/innen) sind meine Anforderungen und Erwartungen aber höher: Da muss ein sauberer Vinyasa ohne Knie ablegen bei der Prüfung abgelegt werden.
Falsche Ausführungen wie hier können zu langfristigen Schäden führen.
Deswegen ist eine fundierte, professionelle Yoga-Ausbildung unerlässlich. Wie soll eine 6-Tages-Ausbildung, welche keinerlei Vorkenntnisse verlangt, dich zu einer guten Yogalehrerin/zu einem guten Yogalehrer machen?
Eine asana folgt der nächsten (keine Wiederholungen)
Typisch für Vinyasa ist auch, dass im Sonnengruss mehrere unterschiedliche Asanas eingebaut werden (ohne Wiederholungen). Das macht den Vinyasa Yoga so kreativ und abwechslungsreich.
Hauptbestandteil Nr. 1: Die Sonnengrüsse
Dreh- und Angelpunkt und somit Hauptbestandteil vom Vinyasa Yoga: Der Sonnengruss und die Vinyasas
Nun meinen viele „Flow“ Yogis fälschlicherweise, dass 1 oder 2 Sonnengrüsse ihren Yoga-Flow bereits zu Vinyasa Yoga machen, auch weil er sich „flowig“ anfühlt. Und dass das flowige Aneinanderreihen von Asanas die Yogalektion zu einer Vinyasa Yogalektion macht. Weil sie in 60 Minuten auch zwei Sonnengrüsse integriert haben…
Das ist ein Irrtum.
2 Sonnengrüsse machen die Yoga Klasse noch lange nicht zu einer Vinyasa Yoga Klasse. Ein bisschen hin und her zu flowen macht die Yoga Lektion noch zu keiner Vinyasa Yoga Lektion. Ein paar Asanas aneinanderzureihen macht die Lektion noch lange nicht zu einer Vinyasa Yoga Lektion.
Die typische Vinyasa Yoga Lektion besteht also aus:
Eine typische Vinyasa Yoga Lektion besteht aus
- Zahlreichen Sonnengrüssen
- zahlreichen Vinyasas (tiefe Chaturanga ein MUSS)
- Die angereichert/aufgelockert werden mit mehreren unterschiedlichen Asanas
- Keine Wiederholungen der Asanas, sondern eine Asana folgt der nächsten
- Jede Bewegung wird synchron mit dem Atem ausgeführt
- Shavasana
Power Yoga: Bryan Kest
Der berühmteste erste Vertreter des Vinyasa Yoga waren Bryan Kest mit seinem Power Yoga – nicht zu verwechseln mit den Schnellbleichen-Ausbildungen der Fitnesscentren…
Ich durfte schon mehrere Masterclasses bei ihm besuchen – und er hat diese Kriterien oben ganz klar eingehalten. Darüber habe ich auch schon geschrieben. Natürlich sind wir in gewissen Positionen manchmal auch ein paar Atemzüge geblieben, doch meistens wird immer bewegt, bewegt, bewegt. Und zwar durch die Sonnengrüsse, durch die Vinyasas. Und nicht nur ein bisschen hin- und her „flowen“.
Versteht mich nicht falsch: Flow Yoga ist wunderschön und darf sein. Aber verfälscht bitte nicht den wunderbaren Vinyasa Yoga.
Vinyasa Yoga stählt deinen Körper und Geist und macht ihn gleichzeitig geschmeidig und stark. Und diese Stärke kommt aus den sauber ausgeführten Sonnengrüssen mit tiefen Chaturangas, im Fluss mit dem Atem.
Nicht vom hin- und her wiegen.